ODER: WARUM ICH VEGAN BIN

„Was haben Sie?“ – fast mitleidig schaut mich die Bäckereifachverkäuferin ob meiner vermeintlichen Krankheit an. Für mich gibt es heute also kein Brot. Persönliche Worte, warum ich seit über 14 Jahren vegan bin und den Begriff gleichzeitig verabscheue.

THE VEGAN JOURNEY – ZU DEN ANFÄNGEN

Als Tochter vegetarischer Eltern wurde diese respektvolle Ernährungs- und Lebensweise auch an mich herangetragen und somit eine Selbstverständlichkeit: Ich füge anderen Lebewesen keinen Schaden zu und stelle mich nicht über sie. Anderen dieses Denken in entsprechenden Situationen verständlich zu vermitteln, war eine unmögliche Aufgabe. Egal ob die Salamipizza bei Freunden, die Wurstscheibe an der Theke oder Gummibärchen beim Kindergeburtstag – es mündete stets in Kämpfen. Nein, Chicken Nuggets esse ich auch nicht. Nein, das Fleisch pule ich nicht aus der Suppe.

Und so wird man schon als Kind trotz einer Überzeugung immer wieder auf die Probe gestellt. Irgendwann hielt ich es für einfacher, auf diese Überzeugung zu verzichten und mich wie alle anderen zu ernähren. Was ich in dieser Zeit in mich hineingewürgt habe, kann ich an zwei Händen abzählen: zwei Burger, einen Döner, ein Lamacum, 1/4 Schnitzel, zwei Bratwürste. Höher ist der Konsum an Fleisch in meinem ganzen Leben nicht gewesen. Und selbst diese Male waren voller Ekel vor mir selbst und dem toten Tier gegenüber, das ich gerade mit möglichst viel Ketchup in meinen Körper drückte. Doch gerade diese Testphase zeigte mir, dass ich meine Werte und Gefühle nicht der Gesellschaft zuliebe zurückstecken darf.

THE VEGAN JOURNEY – DIE ENTSCHEIDUNG

Bauchkrämpfe, Übelkeit und Schwindel – die damaligen Symptome meiner stark ausgeprägten Laktoseintoleranz. Diese Diagnose bedeutete den großen Einschnitt: Entweder täglich bis zu dreißig Laktasetabletten oder eine Ernährungsumstellung und keine Milchprodukte mehr. Da eine solch enorme Abhängkeit von Tabletten nicht in Frage kam, entschied ich mich gegen jegliche Milchprodukte. Adieu, Mittelalter Gouda. Tschüss, heißer Kakao. Arrivederci, geliebter Frischkäse. Und je mehr ich mich mit meiner Ernährung auseinandersetzte, desto mehr Einblick erhielt ich hinter die grauenvollen Kulissen.

Milchkühe werden künstlich geschwängert und dann zumeist von ihren dem Tod geweihten Kälbern getrennt, damit wir ihre Muttermilch trinken können. Klick! Hühner werden krankhaft auf Eierproduktion gezüchtet, damit wir ihre Menstruationsprodukte verspeisen können und männliche Küken werden aufgrund ihrer Irrelevanz für die Industrie direkt nach dem Schlüpfen geschreddert oder vergast. Klick! Die Tierhaltung im Großteil der Betriebe ist lebensunwürdig! Klick! Ein paar dieser Klicks genügten, um den Hebel umzulegen: Ich wollte nicht mehr für das Leid eines anderen Lebewesens verantwortlich sein! Doch der Weg war steinig.

THE VEGAN JOURNEY – DAS LEBEN IM JETZT

Ob Food, Beauty oder Fashion – mittlerweile genießt jeder Lebensbereich den Luxus veganer Produkte und ein Großteil der Menschen weiß mit dem oftmals verhassten Begriff „Veganismus“ etwas anzufangen. Das ist nun also größtenteils entspannt, war jedoch nicht immer so. Stets einen Apfel in der Tasche oder Sojamilch im Rucksack, wurde ich in meinen veganen Anfängen entweder wie eine Aussätzige oder Heilige behandelt. Die Kämpfe und Diskussionen überwogen definitiv. Manche Begegnungen fühlten sich aufgrund überzeugender Argumente in die Ecke gedrängt, andere zeigten null Verständnis und machten direkt zu. Zugegeben vertrat ich meine Überzeugung zu meinen Anfängen militanter als jetzt, dennoch ging es mir nie um Missionierung. Denn das Bewusstsein muss von alleine entstehen, wir können bloß gelegentlich einen Schubs geben.

Was ich mir nach all den Jahren wünsche? Akzeptanz und Respekt für persönliche Lebensentscheidungen anstatt giftiger Diskussionen. All diejenigen, die mit ihrem Handeln die Welt zu einem besseren Ort machen möchten, dürften keine Steine auf ihren Wegen finden oder Kämpfe ausfechten müssen. 

Warum ich das alles erzähle? Ich wurde von meinem Lieblingstaschenlabel Matt&Nat gefragt, ob ich anlässlich des World Vegan Days am ersten November etwas über meine Vorstellung von einem bewussten Leben erzählen würde. Stolz grinsend über beide Ohren sagte ich zu. Fortan kreisten meine Gedanken um das Thema und schweiften ab zu den Anfängen meiner Wertevorstellungen. Da ich immer wieder viele Fragen zu dem Thema Veganismus erhalte, ist das nun meine persönliche Story zu dem Thema.

Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Oder steckt ihr in der Zwickmühle? Lasst es mich wissen, ich freue mich auf eure Geschichten.

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