DEN INNEREN SCHWEINEHUND ÜBERWINDEN

Beim Betrachten der vollen Fußgängerzone erwischte ich mich eiskalt und es fiel mir wie Schuppen von den Augen: wie automatisiert stecke ich Menschen in Schubladen, ordne ihnen Charakterzüge oder Fähigkeiten zu, verteile Sympathien und entziehe sie noch viel gnadenloser. Doch wie konnte ich meine Unvoreingenommenheit aus Kindertagen verlieren und stattdessen Vorurteilen Platz gewähren? Wann begann es, dass ich künstliche Fingernägel mit minderbemittelten Frauen assoziierte und V-Ausschnittpullover mit „grauen Mäusen“? Warum ist dieses oder jenes asozial, billig, unfähig, lächerlich, tussig, wanna-be oder „wie-kann-man-nur“? Seit wann geben wir den Menschen keine Chance mehr und meinen, 10 Meter gegen den Wind riechen zu können, mit wem wir es zu tun haben?

Wir sollten wieder mehr an den (Mit-)Menschen glauben – egal, wie sein äußeres Erscheinungsbild ist. Dem ungepflegten Nachbarn, der immer grimmig schaut, ein Lächeln schenken. Der Kassiererin im Edeka mit den ausgelatschten Turnschuhen ein Kompliment für ihre wahnsinnig imponierenden Haare zusprechen. Unserer Kollegin mit den „No-Go-Outfits“ ein „Dankeschön“ für ihre stets gute Laune zuflüstern und sie feste drücken.
Die Reaktionen? Verwirrung – gefolgt von dem breitesten Lächeln und einem unbezahlbaren Gefühl größter Wertschätzung der eigenen Person.

Die Rede davon ist nicht theoretischer Natur, sondern gleicht einem Erlebnisbericht. Denn nach der einstigen Erkenntnis stand fest, dass sich in der Gesellschaft etwas zu ändern hat. Und ich selbst konnte und kann dazu beitragen. Deshalb begann ich mit einer mir selbst gestellten Challenge sowohl im privaten wie auch beruflichen Umfeld und bemerkte, dass nicht nur mein jeweiliges Gegenüber Nutzen daraus zieht, sondern mir diese kleine Veränderung ein weitaus positiveres Denken und somit Energie mitgibt. Geflasht von dieser Erfahrung sage ich, es kommt nicht darauf an, wie jemand aussieht, sondern wer er ist. Im Grunde weiß das jeder, nur in den Köpfen ist es noch nicht verankert noch wird es auf die Zunge gebracht.
Es funktioniert tatsächlich, kostet so wenig Überwindung sowie Umstellung – und beide Seiten profitieren davon!

P.S.: Dass gerade eine (Mode-)Bloggerin solch ein Thema aufgreift, mag kontrovers erscheinen. Doch zeugt das nicht gerade genau davon, dass es darauf ankommt, hinter die Fassade zu blicken statt abzustempeln?

SONNENBRILLE / RAY BAN
KETTE / RINGE // H&M
PULLOVER / NEW YORKER
ROCK / VINTAGE
JACKE / PRIMARK
TASCHE / VINTAGE
SCHUHE / ADIDAS „ZX FLUX“